Gestaltungsannahmen

Auf Basis von Literaturrecherchen sowie der Analyse von Fallbeispielen zu Phänomenen, in denen verteilte Großgruppen mit Hilfe oder basierend auf digitalen Technologien kollaborativ zusammenarbeiten - etwa aus den Bereichen computer-unterstütztes Lernen (CSCL), Massive Open Online Courses (MOOCs), Open Science, Citizen Science, Open Innovation, Open Source Softwareentwicklung sowie neuere Formen des Onlineaktivismus und des Commonings - wurden Muster und mögliche Gelingensbedingungen identifiziert, vor deren Hintergrund zehn Gestaltungsannahmen entwickelt wurden. Zudem informierten die gemeinsam mit den Projektpartnern definierten Eckpunkte zur Gestaltung eines digitalen Bildungsraums für die forschungsorientierte Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit unter Nutzung von Video die Formulierung der Gestaltungsannahmen. Diese wurden im Weiteren durch die Gestaltung der SCoRe Prototyp 1 Szenarien am Standort Kiel geschärft und durch die Wirk-Evaluation dieser Szenarien erweitert und ausdifferenziert.

Die Gestaltungsannahmen zur Unterstützung von Kollaborationsprozessen in der Crowd haben in Bezug auf den weiteren Gestaltungsprozess eine orientierende Funktion und müssen noch in konkrete pädagogische, organisatorische und technische Maßnahmen übersetzt werden. Bei der Darstellung der Gestaltungsannahmen orientieren wir uns an dem von van den Akker (1999) beschriebenen Schematismus und legen neben der jeweiligen Maßnahme (Was ist zu tun?) und der hiermit verbundenen Zielsetzung (Was soll erreicht werden?) jeweils auch die relevanten Kontextbedingungen (Unter welchen Bedingungen gilt die Annahme?) sowie den unterstellten Wirkzusammenhang (Wie wirkt die Maßnahme?) dar (vgl. Richter & Allert, 2017).

Abbildung 1: Verortung der Gestaltungsannahmen in Bezug auf das erweiterte 3C-Modell von Ellis, Gibbs & Rein (1991).
Die umfassende Bandbreite sowie die Verortung der Gestaltungsannahmen in der Unterstützung kollaborativer Prozesse lässt sich etwa am 3C-Modell der computerunterstützten Zusammenarbeit von Gruppen aufzeigen. In diesem identifizieren Ellis, Gibbs & Rein (1991) die Unterstützungsbereiche der Zusammenarbeit als (a) dem gemeinsamen Arbeiten in einer geteilten Arbeitsumgebung, (b) der Kommunikation als Informations- und Nachrichtenaustausch sowie (c) der Koordination der Aktivitäten der Teilnehmenden und der Ressourcen. Diese schaffen Awareness, etwa für die Aktivitäten oder Unterstützungsbedarfe anderer und den aktuellen Arbeitsstand, so dass Anschlusshandeln ermöglicht wird. Für die Sozialform Crowd gilt es zudem, die Formierung anhand eines ‚shared concern‘ zu unterstützen. Die Gestaltungsannahmen spannen hier einen umfassenden Gestaltungsraum auf (vgl. Abbildung 1).

Ellis, C. A., Gibbs, S. J., & Rein, G. (1991). Groupware: Some issues and experiences. Communications of the ACM, 34(1), 38–58. Richter, C., & Allert, H. (2017). Design as Critical Engagement In and For Education. EDeR - Educational Design Research, 1(1), 1-2. van den Akker, J. (1999). Principles and methods of development research. In J. van den Akker, R. Branch, K. Gustafson, N. Nieveen, & T. Plomp (eds). Design Approaches and Tools in Education and Training (pp. 1–15). Dordrecht: Kluwer Academic Publishers.

G01: Score

Organisiere den kollaborativen Arbeitsprozess mittels einer generativen Struktur

G02: Dynamic Trail Marks

Unterstütze sich selbst dokumentierende Arbeitsprozesse

G03: Vital Signs

Mache aktuelle Aktivitäten für die Crowd sichtbar

G04: Central Hot Spot

Schaffe einen zentralen Ort für die effektive Aushandlung gemeinsamer Entscheidungen

G05: Same Page

Stelle eine eindeutige und konsistente Referenzierbarkeit aller (Zwischen-) Ergebnisse sicher

G06: Joint Quality Care

Schaffe transparente Qualitätsstandards und ermögliche ihre prozessimmanente Konkretisierung und Aushandlung

G07: Common Resources

Schaffe eine projektübergreifende Organisationsstruktur für geteilte Ressourcen

G08: Productive Diversity

Unterstütze die Realisierung heterogener Zugänge und Perspektiven

G09: Collective Agency

Halte die kollektive Handlung aufrecht

G10: Social Arena

Fördere soziales Bewusstsein